Von Quarkkeulchen und Leipziger Lerchen - Kulinarisches aus Sachsen
Eine „sächsische Küche“ im allgemeinen Sinn werden Reisende genauso wenig vorfinden, wie es eine „deutsche Küche“ gibt. Landestypische Kochtraditionen entstanden vielmehr in den Regionen und Landschaften Sachsens, wobei auch von Ort zu Ort und sogar von Familie zu Familie unterschiedliche Essgewohnheiten und Zubereitungsweisen existieren. Dennoch zeigen all diese Regionalküchen typisch mitteldeutsche Eigenarten: sie sind eher deftig, bieten vielerlei Soßen zu Hauptgerichten und der Kloß wird anderen Beilagen oft vorgezogen.
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Kartoffelgerichte und „Neunerlei“
Aber beginnen wir im Erzgebirge: Bergbau, Handwerk, Forstwirtschaft und Heimarbeit prägten über Jahrhunderte das Leben mit ihrer wirtschaftlich sehr wechselhaften Geschichte. Man musste sich auf einfache Küchenzutaten beschränken, lernte das Improvisieren und erschuf kreative Rezepte, die auf teure Bestandteile nicht angewiesen waren. Fratzen, Klitscher, Rauchemaad und grüne Klöße sind z.B. typische Kartoffelgerichte, die entstanden, weil man sich Fleisch nicht leisten konnte. Oft genug mussten auch Brot oder Kartoffeln mit Leinöl reichen, das noch heute einen festen Platz in der erzgebirgischen Küche hat.
Zu Weihnachten wurde dafür dann ordentlich aufgetischt, wie das traditionelle Weihnachtsessen „Neunerlei“ zeigt: eine Abfolge von neun verschiedenen Gerichten, die zudem alle eine symbolische Bedeutung hatten: Bratwurst zur Erhaltung von Herzlichkeit und Kraft, Sauerkraut (damit einem das Leben nicht sauer wird), Linsen (damit das Kleingeld nicht ausgeht) und weitere Gänge mit Fisch, Braten und mehreren Süßspeisen zum Schluss.
Leipziger Extravaganzen
Ganz anders als im kargen Erzgebirge zeigt sich die Leipziger Küche: Der bürgerliche Reichtum der historischen Messestadt ermöglichte extravagante Gerichte, die mit teuren Zutaten glänzen, wie etwa das „Leipziger Allerlei mit Krabben“. Singvögel wie Lerchen, Drosseln, Wachteln und Sperlinge wurden gejagt und mit Kräutern und Eiern gebraten, bis der sächsische König Albert der 1. die Lerchenjagd verbot, weil die Population schwer dezimiert worden war. Daraufhin entstand die „Leipziger Lerche“, die noch heute in guten Bäckereien angeboten wird: Ein Gebäck aus Mürbeteig oder Blätterteig mit Mandeln, Nüssen, Erdbeerkonfitüre, evtl. auch Weinbrand, Zimt und Rum. Wunderbar duftend sollte die so verwandelte „Lerche“ die Gourmets der Stadt über den Verlust hinweg trösten.
Eine weitere Spezialität ist das „Leibziger Räbchen“: In einen Eierkuchenteig werden mit Marzipan gefüllte Pflaumen gedrückt, das Gebäck dann in Kugelform gebracht und in Zimtzucker gewälzt. “Leipziger Bachpfeiffen” sind dagegen edle Pralinen, die als Hommage an Johann Sebastian Bach die Form der Orgelpfeifen nachempfinden. Trotz ihres prominenten Namensgebers wurden sie niemals so bekannt wie die süßen “Quarkkeulchen”, die als Imbiss zwischendurch oder als Nachtisch zu einiger Berühmtheit gelangten.
Kaffe und viele viele Kuchen
Dass die Sachsen große Kaffeefreunde und Erfinder vieler feiner Kuchen und Süßigkeiten sind, geht aus dem Gesagten bereits hervor. Der Dresdner Christstollen ist weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt und ist zur Weihnachtszeit überall zu haben. Das Russisch Brot stammt zwar ursprünglich aus St.Petersburg, doch kam der Keks aus schaumigen Kakao-Eiweiß-Teig um 1850 in Dresden zu Ruhm und Ehre, als ihn ein Bäckermeister als lokale Spezialität einführte. Ganz original ist dagegen die Dresdener Eierschecke, ein dreischichtiger Kuchen aus Rührteig mit Quark- und Vanillepudding. Auf dem Dresdener Striezelmarkt wurde auch die Pflaumentoffel (oder ‚Zwetschgenmännla’) bekannt, ein aus Backpflaumen gefertigtes süßes Männchen, das vor allem Kinder entzückt. Eine ebenfalls hauptsächlich zu Weihnachten verkaufte Süßigkeit sind die doppelt gefüllten Dominosteine, die aus einem Lebkuchenboden mir einer Schicht Sauerkirsch- oder Aprikosengelee und einer weiteren Schicht Marzipan bestehen.
Mischbier mit Koriander: Leipziger Gose
In einem Artikel über sächsische Spezialitäten darf sie nicht fehlen: Die Gose stammt ursprünglich aus Goslar und ist eine der ältesten Biersorten der Welt, doch fanden vor allem die Leipziger Gefallen an diesem obergärigen Mischbier, dass der Berliner Weißen ähnelt. Um 1900 war die Gose das meistgetrunkene Bier der Messestadt, war Höhepunkt vieler Feste und Thema von Gedichten, Liedern und Geschichten. In der DDR kam die Produktion der Gose nach 1965 zum Erliegen, doch wird sie seit 1995 wieder nach alter Rezeptur gebraut und ausgeschenkt, obwohl das Mischbier aufgrund der Zutaten Kochsalz, Milchsäure und Koriander nicht dem Reinheitsgebot entspricht. Das allerdings hält die Sachsen und ihre Gäste nicht davon ab, sich an der erfrischenden Bierspezialität zu erfreuen, die sogar den Weg auf die Karte des Waldorf Astoria in New York gefunden hat – die Flasche zu 25 Dollar.